Narbengleise
Vom Morgengesang zum Sonnenuntergang. Die Dämmerung webt die letzten Fußspuren in ihre Schleier ein. Aus Windfäden der Zeit gemacht. Die ziehenden Wolken predigen das Gute und sind doch unerhört gefüllt. Bis Nachtregen aus ihnen platzt. Den drohenden Untergang vorspielt. Welcher Akt mag es wohl schon sein, dem wir beigewohnt haben? Der sogar unsere Haut durchnässt, unser Haar beschwert, uns fortschwemmen könnte? Klangspiel des Lebens.
Der Morgengesang wartet auf Beginn. Immer wieder von vorn. Licht, Sonne, Wärme. Sichtbar was die Schwärze erzählte und zurückließ. Das Leben ist ein Becher, aus dem wir trinken. Nur was für einer? Schierling oder Wein? Die Gier strafte die Götter. Die Boshaftigkeit, der Verrat, die Lügen. Dann können wir ein Leben lang nach dem Apfel über uns am Baum greifen. Wir bekommen ihn nicht. Dann hungern wir auch weiter nach der Erfüllung, nach Liebe und lecken weiter unsere Herzwunden. Sie müssen weiter ihre kurzfristigen Inseln suchen und werden weiter das innere Tier in Lumpen hüllen, um seinen Schmerz zu verstecken. Verletzt umkreist es in Gedanken die Tiefe, dort peitschen die Fragen das rastlose Schmerztier.
Die Narben wie Gleise.
Bild und Text Lotta Blau, 2021